Alfred Kubin

Perlensucher.

Er gilt als eindrücklicher Schöpfer der schlechtesten aller denkbaren Welten. Alfred Kubin wird als Sohn eines Landvermessers und einer Pianistin in Böhmen geboren. Mit dem dreijährigen Alfred übersiedelt die Familie 1880 nach Salzburg. Als er zehn Jahre alt ist, stirbt seine Mutter; Alfred überwindet diese Krise nur sehr schwer, bedingt auch durch das gespannte Verhältnis zu seinem Vater, was 1896 zu dem Versuch führt, sich am Grab seiner Mutter in Zell am See das Leben zu nehmen. Ein Leben lang werden ihn die Dämonen seiner Kindheit verfolgen.

Ich war schon lange auf der Suche nach einer Illustration Kubins aus seinem Roman „Die andere Seite“, in der Salzburg die Vorlage für die „Traumstadt Perle“ darstellt. Der Roman ist Weltliteratur, einer der ersten surrealistischen Romane und hat als solcher auch Franz Kafka beeinflusst. Nachdem die Blaue Gans Ort des Geschehens ist und an einer Stelle der epochale Satz fällt: „Nur die Blaue Gans kommt in Betracht…“, habe ich mir einen Kubin für meine Sammlung gewünscht.

Der Erwerb dieses Bildes war dem Zufall geschuldet: Mein Besuch beim Galeristen, unser Gespräch, der Umstand, dass die Arbeit restituiert wurde, in der Folge zur Versteigerung und letztlich in den Besitz der Galerie kam. Mir fällt ein, was die Wortspieler über den Zufall sagen, nämlich, dass einem zufällt, was fällig ist. Ob das stimmt, weiß ich nicht, aber es erfüllt mich mit Freude, dass ich einen Kubin mit dem schelmischen Titel Authentische Ansicht der Traumstadt Perle sozusagen nach Hause holen konnte.

Vor einigen Jahren war ich mit anderen Kunstinteressierten in Siegfried Anzingers Kölner Atelier eingeladen. Die Unterhaltung auf der Heimreise bestand größtenteils aus Gesprächen über Kunst und die Ausrichtung der eigenen Sammlung. Der eine sammelte Arbeiten nur von oder über Frauen, ein anderer nur Arbeiten mit Blut, wieder andere hatten eine bestimmte Bewegung oder eine Epoche im Auge. Ich aber hatte nichts dergleichen vorzuweisen und mir wurde mit einem Mal klar, dass weniger ich die Kunstwerke finde, als umgekehrt diese mich, so wie an jenem verregneten Sonntagnachmittag, als die Traumstadt Perle alle Hürden überwand und unbedingt in die Blaue Gans wollte.

 

Andreas Gfrerer