Weinarchiv

Das Leben ist eine große Schweinerei.

Der Keller, Heimstatt des Unbewussten und des Dunklen. Nicht immer in ihrer bald 670-jährigen Vorgeschichte dürften sich die Fundamente unseres Hauses in jenem strahlenden Licht präsentiert haben, dessen Quellen Architekt Christian Prasser geschickt hinter altem Eichenholz versteckte. Vermutlich aus den Steinquadern vom Steinbruch über dem Neutor gebaut, waren es ursprünglich zwei getrennte Kellerräume, die nur über eine Holzleiter erreichbar waren und ausschließlich Lagerzwecken dienten.
Im Kellergewölbe gab es ein großes Weinfass, aus dem man mittels einer Kupferkanne und einem Trichter Wein in Karaffen füllen konnte, um ihn oben im Gastraum oder über die Gasse zu verkaufen. Kanne und Trichter gibt es immer noch und erinnern an die Ursprünge des Weinverkaufs in der Blauen Gans.
Außerdem sei ihr Vater, erzählte mir meine Mutter, während des Krieges bei Bombenalarm nicht in den Luftschutzkeller gegangen, aus Furcht vor Plünderern. Er habe sich in dem Gewölbe sicher gefühlt, und wir vermuten beide, dass er zur Stärkung das eine oder andere „Sturzachterl“ unter dem Schutz der Jahrhunderte zu sich genommen hat.

Anfang der 70er zog mit dem „Mexicano Keller“ der Jazz in die Gemäuer ein. Der letzte Akkord dieser wilden Zeiten ist zwar schon länger verklungen, aber wir erinnern immer wieder an diese Vergangenheit, u.a. mit dem Festival „Jazz&TheCity“, das jährlich im Oktober stattfindet und dessen Gründungsort die Blaue Gans ist. Bei einem Konzert mit dem Bassisten Renaud Garcia Fons entstand dieser besondere Moment, wenn man als Publikum gemeinsam mit den Künstlern abhebt, auf zu neuen Welten; wir waren alle hier und dennoch kollektiv woanders, ein magisches Gefühl.
Als wir die Augen öffneten, blickten wir auf die Bleistiftzeichnung „La vida es una gran cerdada“ von Hauenschild Ritter. Das Leben ist eine große Schweinerei, das stimmt, aber heute ist es gut und mehr kann man nicht verlangen vom Leben.