Schnürlregen
Ein lohnendes Stück Alltagskonversation.
Jedermann stirbt auf dem Domplatz, nur nicht, wenn es regnet. Bei unsicherem Wetter ist die größte Aufregung mit dem Auftritt des Spielansagers bereits vorbei. Mächtiger noch als der Tod ist in Salzburg der Wettergott, und man fürchtet ihn zu Recht. Zu keiner anderen Zeit wie zur Festspielzeit richten sich so viele bange Blicke gegen den Himmel, der dem schönen Treiben schneller ein Ende bereiten kann als der Schnitter dem reichen Prasser.
„Der Empfang bestand in einem unerhörten Regenguss, auf den ich gar nicht eingerichtet war. Meine Ankunft im Hotel „Blaue Gans“ war denn auch nicht sehr glänzend. Ich erhielt ein letztes Zimmer, das Fenster sah auf das Treppenhaus. Das Idyll behagte mir ganz gut (…)“ So schildert Paul Klee, einer der markantesten und einflussreichsten Maler der klassischen Moderne, seinen ersten Salzburg-Besuch im Jahre 1899, Schnürlregen inbegriffen.
Ungewohnt milde verfährt der bärbeißige Schriftsteller Thomas Bernhard mit dem feuchten Element: „Du schöne Stadt am Salzachfluss, / Ich schloss dich in mein Herz, / Trotz täglich starkem Regenguss / Und kindlichem hartem Schmerz.“
Falls es also wirklich einmal tröpfeln sollte, weiß sich der gelernte Eingeborene mit einem Schirm, vielleicht ein Einzelstück vom Schirmmacher Kirchtag, zu helfen. „Etliche Tausende Einwohner und doppelt so viele Schirme!“, so der erste, ziemlich eindeutige Eindruck General Jean Victor Moreaus von der Stadt und ihrer Wetterlage, sobald er diese am 15. Dezember anno 1800 im Auftrag seines obersten Feldherrn Napoleon besetzt hatte. Dazu passt die Empfehlung von Johann Nestroy: „Der Mensch soll nie ohne Paraplui sein, es ist die großartigste Waffe, aufgespannt ist es Schild, zugemacht und geschwungen Schwert, und horizontal gebracht ist es Lanze.“ In der Mozartstadt hat man aus der Not des Klimas eine Tugend der Besonderheit gemacht. Die Behauptung, der Regen sei hierorts irgendwie anders, besser, oder zumindest erlebnisreicher als beispielsweise in Wels, zeugt von der Geschäftstüchtigkeit der Salzburger.
Impressionen